
Ein Grillfest soll die Menschen in Viechtach zusammenbringen – doch stattdessen reißt es sie auseinander. Ein für Mai geplantes Event stößt auf harsche Kritik und leidenschaftliche Verteidigung. Die Fronten verlaufen nicht nur zwischen Veganern und Fleischliebhabern, sondern auch innerhalb der Dorfgemeinschaft selbst.
Was als gesellige Idee begann, ist inzwischen zu einem Streitthema geworden, das weit über Viechtach hinaus diskutiert wird. Worum es genau geht, erfährt man erst bei genauerem Hinsehen.
1. Alte Bräuche und neue Ideen

In vielen Regionen Deutschlands sind Grillfeste tief verwurzelte Tradition. Auch in Viechtach wollte Bürgermeister Franz Wittmann mit einem besonderen Wettbewerb frischen Wind in die Stadt bringen. Die Idee: Ein internationales Wettgrillen, bei dem nicht nur Fleisch zubereitet, sondern auch kulinarische Vielfalt gefeiert wird.
Die Resonanz war zunächst positiv. Mehrere Teams meldeten sich an, darunter auch Teilnehmer aus dem benachbarten Tschechien. Die Idee dazu brachte Wittmann von einem Ausflug mit – und sie sollte eigentlich verbinden, nicht polarisieren.
2. Ein Ort mit vielen Geschmäckern

Viechtach liegt im Bayerischen Wald, eine Region, die traditionell für deftige Hausmannskost steht – Fleisch inklusive. Doch auch hier wächst die Zahl der Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Inzwischen gibt es mehrere Lokale mit fleischlosen Optionen, Supermärkte bieten vegane Alternativen.
Spaziergänger trifft man ebenso mit Fleischsemmel wie mit Hafer-Cappuccino. Die Stadt ist vielfältiger geworden, nicht nur auf dem Teller. Doch diese Vielfalt stellt manchmal auch neue Fragen – etwa, wie viel Platz Tierwohl in öffentlichen Festen einnehmen sollte.
3. Die Kritik: „Ein Rückschritt in dunkle Zeiten“

Die vegane Gruppe „Vegan in Viechtach“ reagierte empört auf die Ankündigung des Grillfests. Für sie ist das Grillen ganzer Schweine ein Zeichen fehlender Ethik und Mitgefühl. Tierärztin Birgit Becker bringt es auf den Punkt: „Wir waren schockiert, dass so ein rückschrittliches Fest überhaupt in Erwägung gezogen wird.“
Die Aktivisten werfen der Stadt vor, Tierleid zur Unterhaltung zu machen – eine Inszenierung, die nicht mehr in die heutige Zeit passe. Besonders stößt ihnen auf, dass fühlende Lebewesen zur Schau gestellt und verbrannt werden sollen.
4. Fleischkonsum als Freiheit?

Bürgermeister Wittmann bleibt trotz der Proteste gelassen. Er betont, dass niemand zum Fleischverzehr gezwungen werde. Es solle auch vegane Alternativen geben, doch die radikale Ablehnung des gesamten Events stößt bei ihm auf Unverständnis: „Ich esse auch mal vegetarisch – aber vegan? Nein.“
Sein Ziel sei, Gemeinschaft zu schaffen, nicht zu spalten. Dass die Aktivistinnen sein Angebot, bei der Gestaltung des Festes mitzuwirken, ablehnten, wertet er als Zeichen mangelnder Kompromissbereitschaft. „Essen ist individuell – und das soll auch so bleiben.“
5. „Nur weil es Tradition ist, ist es nicht richtig“

Für Vera Gögele von „Vegan in Viechtach“ ist das keine Frage von persönlichen Vorlieben. „Nur weil es immer so war, darf man nicht wegsehen“, erklärt sie. Sie sieht in dem Event ein gesellschaftliches Versagen, wenn das Leid von Tieren als Nebensache behandelt wird.
Auch der Hinweis, dass auf dem Oktoberfest ebenfalls ganze Tiere gegrillt werden, sei kein Argument, sondern ein Relikt veralteter Gewohnheiten. Die Veganerinnen wollen mit ihrer Kritik nicht das Fest verbieten, sondern aufrütteln. Doch ihre Mahnungen stoßen auf gemischte Reaktionen.
6. Die Gemeinde ist gespalten

In Viechtach hat der Konflikt längst den Dorfplatz verlassen. Anwohner, Geschäftsleute und sogar Schüler diskutieren über das Grillfest. Manche stellen sich klar auf die Seite der Veganer, andere halten die Aufregung für überzogen. Erika Neumann, langjährige Einwohnerin, meint: „Ich esse auch mal Linseneintopf – aber ich liebe Fleisch.“
Sie sieht nicht ein, dass eine lautstarke Minderheit das Fest torpedieren will. Der Ton wird rauer, die Diskussion emotionaler. Und plötzlich geht es nicht mehr nur ums Essen – sondern um Identität, Respekt und Lebensentwürfe.
7. Zwischen Spieß und Spaltung

Das geplante Fest am 24. Mai soll trotz aller Kritik stattfinden – mit veganen Alternativen, aber auch mit dem namensgebenden Schwein am Grill. Der Bürgermeister betont, dass niemand ausgeschlossen werde – auch nicht die Kritiker.
Doch ob das gemeinsame Feiern gelingt, bleibt offen. Die Diskussion zeigt, wie tief die Gräben zwischen Fleischkultur und Tierschutz inzwischen geworden sind. Was einst als gemeinschaftliches Event begann, ist jetzt ein Brennpunkt gesellschaftlicher Fragen. Ob es am Ende noch ums Grillen geht? Oder längst um mehr?