Zwangsheirat in den Sommerferien: Wenn der Urlaub zur Falle wird

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In einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft gehen viele davon aus, dass Selbstbestimmung über das eigene Leben selbstverständlich ist. Doch weltweit – und auch in Deutschland – gibt es Mädchen und junge Frauen, denen diese Freiheit genommen wird. Eine besonders perfide Form ist die Zwangsheirat. Sie findet häufig unter dem Deckmantel der Familienehre oder Tradition statt – und geschieht oft im Verborgenen.

Besonders während der Sommerferien, wenn Familien ins Ausland reisen, häufen sich solche Fälle. Die Betroffenen verschwinden plötzlich aus dem Schulalltag – ohne Abschied, ohne Erklärung. Doch hinter diesem Verschwinden steckt oft ein dramatisches Schicksal.

1. Was ist eine Zwangsheirat – und wie unterscheidet sie sich?

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Eine Zwangsheirat liegt vor, wenn eine Person – meist ein junges Mädchengegen ihren Willen zur Ehe gezwungen wird. Im Gegensatz zur arrangierten Ehe, bei der beide Seiten zustimmen, fehlt bei der Zwangsheirat jede Form von Freiwilligkeit.

Die Gründe sind vielfältig: kulturelle Normen, familiärer Druck, der Wunsch nach sozialer Kontrolle oder das Gefühl, die Ehre der Familie wahren zu müssen. Für die Betroffenen bedeutet dies oft psychisches Leid, häusliche Gewalt und der Verlust jeder Selbstbestimmung. Häufig geschieht dies bei Reisen ins Herkunftsland, unter dem Vorwand eines harmlosen Urlaubs.

2. Sommerferien als gefährliche Zeit

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Was für viele Schülerinnen eine Zeit der Erholung ist, wird für andere zur Zeit der Angst. Die Sommerferien nutzen manche Familien mit Migrationshintergrund, um ins Herkunftsland zu reisen. Dort angekommen, verlieren Mädchen oft ihre Ausweisdokumente, ihr Bargeld und ihr Handy – sie sind plötzlich vollkommen von der Familie abhängig.

Was als Familienbesuch beginnt, endet für manche in einer unfreiwilligen Hochzeit. Besonders perfide: Viele Mädchen ahnen die Gefahr nicht oder verdrängen sie bewusst. Behörden und Organisationen berichten von einer deutlichen Zunahme solcher Fälle in den Ferienmonaten.

3. Wenn der letzte Schultag das Ende der Freiheit bedeutet

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In einem bewegenden Kurzfilm der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes (TDF) trägt ein Mädchen im Klassenzimmer ein weißes Brautkleid – ein starkes Bild für das, was ihr bevorsteht. Eine Nachricht von ihrer Mutter auf dem Handy: „Deine Hochzeit steht fest. Heute ist dein letzter Schultag.“ Danach bleibt ihr Platz leer.

Der Film soll wachrütteln und macht sichtbar, was sonst unsichtbar geschieht. Denn viele Mädchen kommen nach den Ferien nicht mehr zurück – sie wurden im Ausland verheiratet und sind unerreichbar. Dieses stille Verschwinden ist in Wahrheit ein Schrei nach Hilfe.

4. Die Schule als Schutzraum – und Frühwarnsystem

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Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter*innen sind oft die ersten, die ein ungutes Gefühl wahrnehmen. Ein Mädchen wird stiller, wirkt nervös oder spricht plötzlich von einer längeren Reise ins Ausland. Genau hier ist Aufmerksamkeit gefragt. Schulen müssen ein sicherer Raum sein, in dem Vertrauen, Aufklärung und Unterstützung angeboten werden.

Organisationen wie TDF bieten Workshops an, in denen Schülerinnen über ihre Rechte, mögliche Gefahren und Hilfsangebote informiert werden. Besonders wichtig: Mädchen müssen wissen, dass sie nicht allein sind – und dass es Wege gibt, sich zu wehren

5. Geschichten, die Mut machen – und aufklären

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Die Influencerin Anna (24) teilt ihre Geschichte auf TikTok und Instagram: Als sie 15 war, zeigte ihr Vater Fotos von drei Männern – einen sollte sie auswählen. Widerstand wurde mit Gewalt beantwortet. Anna wandte sich an die Schulsozialarbeiterin und konnte fliehen.

Ihre Erfahrung steht für viele junge Frauen, die den Mut gefunden haben, sich zu befreien – aber auch für jene, die es nicht schafften. Ein Berliner Lehrer berichtet von einer Schülerin, die ein mulmiges Gefühl äußerte – nach den Sommerferien kam sie nicht zurück. Erst ein Jahr später gelang es, sie zu retten.

6. Hilfe holen – schnell und entschlossen

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Wenn du eine Zwangsheirat befürchtest, ist Schweigen gefährlich. Wende dich an Vertrauenspersonen: deinen Klassenlehrerin, die Schulsozialarbeit, einen Beratungslehrer oder externe Beratungsstellen wie Terre des Femmes. Wichtig ist, frühzeitig zu sprechen – bevor du in den Urlaub geschickt wirst, bevor dein Pass verschwindet.

Es gibt auch anonyme Hotlines und Frauenhäuser, die helfen können. Dieser Schritt erfordert Mut, aber er kann dein ganzes Leben verändern. Deine Rechte, deine Wünsche und deine Zukunft sind wichtiger als jede Tradition, die dich zum Opfer macht.

7. Was Gesellschaft und Politik tun müssen

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Zwangsheirat ist kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem. Es braucht klare Gesetze, schnelle Hilfe und flächendeckende Aufklärung. Organisationen wie TDF leisten wertvolle Arbeit, stoßen aber oft an Grenzen. Schulen, Jugendämter, Polizei und Migrationsdienste müssen besser vernetzt werden.

Zudem ist es wichtig, mit Migrant*innen-Communities in den Dialog zu treten – nicht mit Pauschalurteilen, sondern mit Respekt, Verständnis und dem klaren Ziel: Schutz für die Schwächsten. Die Politik darf bei diesem Thema nicht wegsehen – und die Gesellschaft muss Verantwortung übernehmen.

Interessant: Wussten Sie, dass Schmetterlinge mit ihren Füßen schmecken?

Schmetterlinge besitzen Geschmackssensoren an ihren Füßen, die es ihnen ermöglichen, den Geschmack von Pflanzen zu erkennen, auf denen sie landen. Diese Fähigkeit hilft ihnen, geeignete Pflanzen zur Eiablage und zur Nahrungsaufnahme zu identifizieren. Darüber hinaus können sie über ihre Füße auch Pheromone wahrnehmen, die eine Rolle bei der Partnersuche spielen.